Fachbetriebstreffen 2025

Die Wildpflanzenwurzel-Revolution

Sind wir zu viele? Jahrelang wurde dafür geworben, Fachbetrieb zu werden. Und jetzt sind wir so viele, dass man Exkursionen nicht mehr mit der ganzen Gruppe schafft, sondern unterteilen muss. Fast 50 Teilnehmer hatte das Fachbetriebstreffen, das diesmal in der Schweiz (Appenzell) und in Österreich (Vorarlberg) stattfand. Zu sehen gab es das ganze Spektrum unserer Tätigkeiten: vom exquisiten Naturgarten über öffentliches Grün in vielerlei Form und Funktion bis hin zum ganzen Gewerbegebiet mit naturnahen Firmengeländen. Fritz Hilgenstock zeigte einen riesigen Schwimmteich, bei dem Froschgequake die Gespräche übertönten, dann einen herausragendem Dachgarten und zwei sehr kleine Hanggärten an einem Doppelhaus. Die Spitze war aber ein gerade entstehender Naturgarten an einem Steilhang, der nur mit einem Schreitbagger zu bauen war. Da konnte man schön sehen, dass richtig gut gebaute Trockenmauern so stabil wie Betonmauern sind, dafür aber ein paar hundert Jahre länger halten.

Die Führung durch das naturnahe Betriebsgebiet im österreichischen Rankweil war dann eine Vision, wie unser Welt aussehen könnte, wenn wir alle es wollen. Bis auf zwei extreme Ausreißer hat es die Gemeinde Rankweil geschafft, die angesiedelten Firmen dazu zu bringen, ihre Außengelände naturnah umzugestalten. Alle diese Firmenprojekte wurden von Reinhard Witt und Katrin Kaltofen geplant und umgesetzt. Auch hier gab es alles, von ein paar kleinen Wildblumenbeeten vorm Firmeneingang bis hin zu einem ganzen, viele tausend quadratmetergroßen naturparkähnlichen Firmengelände. Die Naturgartenplanerin Corinna Troy zeigte anhand vieler Details und in einer Führung, wie man so naturnah pflegen kann, dass Tiere geschont werden und es trotzdem bis in den Oktober hinein blüht. Das war für manche eine Offenbarung.

Der echte Höhepunkt aber kam mit der Führung von Bauhofleiter Wilfried Ammann, der als Absolvent des Profikurses unsere Ideen so umsetzt, wie das noch keiner gesehen hat. Das ist mehr und besser als viele preisgekrönte bekannte Kommunen aus Deutschland, besser sogar als die Flächen der Gemeinde Haar im Osten von München, das sogenannte Haarer Modell. Wir gingen durch eine von heimischen Wildblumen durchsetzte 12.000-Einwohner-Gemeinde. Überall, an jeder Ecke Heimisches. Beete, Hecken, Straßengrün, ein renaturierter Bach, kürzlich vom Asphalt befreite Straßen, wo in Pflanzinseln jetzt schattenspendende Bäume stehen und Wildblumen wachsen. Es ist die ausgelebte und vollkommene Vision, wie unser Welt aussehen könnte. Und es ist der Beweis dafür, was ein Mensch in seiner Lebenszeit vollbringen kann, wenn er es wirklich will und an der richtigen Schalthebeln der Macht sitzt.

Also jammerschade für alle, die nicht Fachbetrieb sind und mit durften und die keine Profiausbildung absolvier(t)en und als Gäste eingeladen waren. Schade für Euch alle, dass ihr diese Wildpflanzenwelt nicht sehen konntet. Schade, dass ihr keine Profiausbildung macht. Schade, dass ihr kein Naturgarten-Fachbetrieb seid.

Natürlich haben wir auch sehr viel geredet, diskutiert und über aktuelle Probleme und Themen einzelne Teilnehmer gesprochen.

Und jetzt für alle zum Mitlesen. Die Anfangsfrage, ob wir zu viele Fachbetriebe sind, war nicht ernst gemeint. Wir sind viel zu wenige. Denn nur so können wir diese Welt retten. Indem möglich viele Menschen hochprofessionell und manchmal ganz alleine und gegen Politik und Verwaltung und wen auch sonst arbeiten und unsere Ideen durchsetzen. Wir sind nicht die Graswurzelrevolution. Aber wir sind eine Wildpflanzenwurzel-Revolution.

Ja, noch was war nicht ernst gemeint: Natürlich muss man kein Fachbetrieb sind und auch nicht die Profiausbildung absolviert haben, um gutes und sinnvolles zu tun. Das wisst ihr alle und macht es auch alle. Zum Schluss noch ein paar Bilder zu den Visionen dieses erfüllten Wochenendes. Dank an alle, die es vorbereitet haben und mit gestaltet haben.

Reinhard Witt