Wildbienen in der Stadt – entdecken, beobachten, schützen
Literaturtipp von Reinhard Witt
Also gut, keine Lust diesen öden Text weiterzulesen. Gute Entscheidung.
Dann die Kurzform: Daumen hoch, Sie dürfen kaufen.
Für die Geduldigen etwas mehr. Nach dem Rettet-die-Bienen-Volksbegehren in Bayern im Jahr 2019 ging ein Aufschrei durchs Land. Genauer durch die Politik. Man müsse doch und solle… Dem folgte alsbald ein Aufschrei der Bücherwelt, man müsse und solle… Die meisten Bienen- und Insektenbücher kann man als sogenannte Coffeetable-Books abhaken. Einige gute Bilder, wenig Inhalt. Geschrieben von Autoren*innen, die bis dahin nicht sonderlich im Fachgebiet der Wildbienenkunde aufgefallen wären. Mainstream-Books. Schnell, schlecht, bald in der Papiermülltonne. Dieses Buch ist anders und Sie können jetzt aufhören zu lesen: Daumen hoch….
Herbert Zucchi ist eine altbekannte Größe auf dem Ökologiemarkt. Der emeritierte Professor tat sich mit einem Wildbienen-Youngster zusammen. Janina Voskuhl arbeitete, forschte und lernte wie er an der Hochschule Osnabrück Naturschutz, Ökologie und Landschaftspflege. Zunächst führen die beiden in die Welt der Insekten ein. Kurz, prägnant. Dann kommen schon die ersten Quellenangaben. Dort kann man nachlesen, vertiefen, Originalarbeiten studieren, falls es interessiert, Mit dem Einschub „Wie es einst summte und brummte“ bringt Herbert Zucchi meine Kindheitserinnerungen zurück, eine sehr persönliche Verlustwahrnehmung. Dann kommt die Welt der Bienen dran. Ja, auch ein bisschen über Honigbienen, aber hauptsächlich über Wildbienen inklusive der dazugehörigen Hummeln. Sehr schön geschrieben. Details sind immer wichtig, die gibt es als Spotlights im ganzen Buch, hier über kommunale Bienen mit dem gemeinsamen Zuhause. Dann Speziallisten bei der Nahrungssuche, beim Wohnungsbau. Und wieder die verwendeten Quellen dazu. Nach 60 von über 250 Seiten betreten wir nun den Buchtitel, Lebensraum Stadt.
Wir lernen, die Stadt ist ein Ideallebensraum für Wildbienen. Da stimmt so vieles. Klima, Pflanzen, Strukturen, ganze Lebensräumen passen. Jetzt wird es wichtig: Welche Wildbienenarten wurden bislang in Städten gefunden bzw. kommen dort vor. Die Autoren kommen auf 73 Arten. Nicht schlecht. Dabei nehmen sie den Leser mit und fordern ihn auf, gleich selber mitzumachen, um zu entdecken, was noch fehlt. Dazu eine Ausrüstungsliste für die Wildbienenexpedition. „Herbert, hast Du die Bestimmungshilfe von Nisthilfen eingepackt? Herbert?“ Also los, Herbert ist nicht dabei, wir gehen trotzdem auf Exkursion, das Buch nimmt uns mit bzw. wir es.
Es beginnt mit den ersten Beobachtungen im März, im öffentlichen Grün oder im Garten: Thema Frühjahrsblüher und Frühaufsteher: Frühlings-Pelzbiene, Gehörnte Mauerbiene und Fuchsrote Sandbiene warten schon ungeduldig. Ah ja, ganz kurz noch mal die Bestimmungshilfe für die wichtigsten sieben Hummelarten im Siedlungsraum checken, denn das da ist doch keine….? Wir sind happy und haben tatsächlich was rausgekriegt. Glauben wir. Aber Glaube hilft, wie alle glauben. So geht es weiter im Jahr. Die Bienenfundorte finden sogar wir, im Mai sind es etwa blühende Weiden. Großtiersafari zu Weiden-Sandbiene, Rotbauch-Sandbiene und Rotbeinige Löcher-Sandbiene. Was es alles gibt? Wir staunen. Mitten in der Stadt. So ein Leben. Sogar In der Friedhofsmauer nisten welche! Gewußt wie und wo! Etwa ab Buchmitte beginnt ein wirklich guter Teil über Nisthilfen und ihren Bewohnern. Dann kommen im August Nachzügler dran, etwa Blattschneider- und Mörtelbienen, ja wir sollten auch mal in den Botanischen Garten pilgern, an der Burg rumstöbern oder das Kloster inspizieren. Wildbienen in der Stadt, heißt es! Zwischen Juli und September sind dann Güterbahnhöfe und Wildnisflecken dran. Es gibt echt was zu tun, bis wir alle Lebensräume und Arten durch und entdeckt haben. Für den Herbst heben wir uns aber noch die Efeu-Seidenbiene auf – oder?
Das letzte Buchdrittel beginnt mit dem Schutz. Es gibt lange Listen von Lebensräumen und für Wildbienen besonders wichtigen Pflanzenarten. Liest sich wie ein Auszug aus einem Naturgarten, was da steht. Dann konkrete Bauanleitungen für einzelne Hilfsangebote. Praktisch durchdacht, erprobt. Zum Ende wird es dann pädagogisch: Wildbienenprojekte für Schule, Kita und Familie. Viele kleine, größere und vor allem schöne, lustige Dinge, wie wir erfahren können. Die Erwachsenen lernen dabei mindestens so viel wie ihre Kleinen. Am Schluß einige Anhänge und Tabellen. Eine sehr ausführliche Liste aller in der Stadt von den beiden gefundenen bzw. festgestellten Wildbienenarten, viele Quellen und Literatur ohne Ende.
Fazit: Dies Buch ist geschrieben worden von Menschen mit einer großen Liebe zur Natur. Noch wichtiger aber ist es geschrieben von Menschen, die Ahnung von dem haben, was sie schreiben. Kann man Bücher lieben? Dann ist das ein Kandidat! Kurzform: Daumen sehr, sehr hoch. Sie müssen kaufen…
Literaturtipp von Reinhard Witt
Also gut, keine Lust diesen öden Text weiterzulesen. Gute Entscheidung.
Dann die Kurzform: Daumen hoch, Sie dürfen kaufen.
Für die Geduldigen etwas mehr. Nach dem Rettet-die-Bienen-Volksbegehren in Bayern im Jahr 2019 ging ein Aufschrei durchs Land. Genauer durch die Politik. Man müsse doch und solle… Dem folgte alsbald ein Aufschrei der Bücherwelt, man müsse und solle… Die meisten Bienen- und Insektenbücher kann man als sogenannte Coffeetable-Books abhaken. Einige gute Bilder, wenig Inhalt. Geschrieben von Autoren*innen, die bis dahin nicht sonderlich im Fachgebiet der Wildbienenkunde aufgefallen wären. Mainstream-Books. Schnell, schlecht, bald in der Papiermülltonne. Dieses Buch ist anders und Sie können jetzt aufhören zu lesen: Daumen hoch….
Herbert Zucchi ist eine altbekannte Größe auf dem Ökologiemarkt. Der emeritierte Professor tat sich mit einem Wildbienen-Youngster zusammen. Janina Voskuhl arbeitete, forschte und lernte wie er an der Hochschule Osnabrück Naturschutz, Ökologie und Landschaftspflege. Zunächst führen die beiden in die Welt der Insekten ein. Kurz, prägnant. Dann kommen schon die ersten Quellenangaben. Dort kann man nachlesen, vertiefen, Originalarbeiten studieren, falls es interessiert, Mit dem Einschub „Wie es einst summte und brummte“ bringt Herbert Zucchi meine Kindheitserinnerungen zurück, eine sehr persönliche Verlustwahrnehmung. Dann kommt die Welt der Bienen dran. Ja, auch ein bisschen über Honigbienen, aber hauptsächlich über Wildbienen inklusive der dazugehörigen Hummeln. Sehr schön geschrieben. Details sind immer wichtig, die gibt es als Spotlights im ganzen Buch, hier über kommunale Bienen mit dem gemeinsamen Zuhause. Dann Speziallisten bei der Nahrungssuche, beim Wohnungsbau. Und wieder die verwendeten Quellen dazu. Nach 60 von über 250 Seiten betreten wir nun den Buchtitel, Lebensraum Stadt.
Wir lernen, die Stadt ist ein Ideallebensraum für Wildbienen. Da stimmt so vieles. Klima, Pflanzen, Strukturen, ganze Lebensräumen passen. Jetzt wird es wichtig: Welche Wildbienenarten wurden bislang in Städten gefunden bzw. kommen dort vor. Die Autoren kommen auf 73 Arten. Nicht schlecht. Dabei nehmen sie den Leser mit und fordern ihn auf, gleich selber mitzumachen, um zu entdecken, was noch fehlt. Dazu eine Ausrüstungsliste für die Wildbienenexpedition. „Herbert, hast Du die Bestimmungshilfe von Nisthilfen eingepackt? Herbert?“ Also los, Herbert ist nicht dabei, wir gehen trotzdem auf Exkursion, das Buch nimmt uns mit bzw. wir es.
Es beginnt mit den ersten Beobachtungen im März, im öffentlichen Grün oder im Garten: Thema Frühjahrsblüher und Frühaufsteher: Frühlings-Pelzbiene, Gehörnte Mauerbiene und Fuchsrote Sandbiene warten schon ungeduldig. Ah ja, ganz kurz noch mal die Bestimmungshilfe für die wichtigsten sieben Hummelarten im Siedlungsraum checken, denn das da ist doch keine….? Wir sind happy und haben tatsächlich was rausgekriegt. Glauben wir. Aber Glaube hilft, wie alle glauben. So geht es weiter im Jahr. Die Bienenfundorte finden sogar wir, im Mai sind es etwa blühende Weiden. Großtiersafari zu Weiden-Sandbiene, Rotbauch-Sandbiene und Rotbeinige Löcher-Sandbiene. Was es alles gibt? Wir staunen. Mitten in der Stadt. So ein Leben. Sogar In der Friedhofsmauer nisten welche! Gewußt wie und wo! Etwa ab Buchmitte beginnt ein wirklich guter Teil über Nisthilfen und ihren Bewohnern. Dann kommen im August Nachzügler dran, etwa Blattschneider- und Mörtelbienen, ja wir sollten auch mal in den Botanischen Garten pilgern, an der Burg rumstöbern oder das Kloster inspizieren. Wildbienen in der Stadt, heißt es! Zwischen Juli und September sind dann Güterbahnhöfe und Wildnisflecken dran. Es gibt echt was zu tun, bis wir alle Lebensräume und Arten durch und entdeckt haben. Für den Herbst heben wir uns aber noch die Efeu-Seidenbiene auf – oder?
Das letzte Buchdrittel beginnt mit dem Schutz. Es gibt lange Listen von Lebensräumen und für Wildbienen besonders wichtigen Pflanzenarten. Liest sich wie ein Auszug aus einem Naturgarten, was da steht. Dann konkrete Bauanleitungen für einzelne Hilfsangebote. Praktisch durchdacht, erprobt. Zum Ende wird es dann pädagogisch: Wildbienenprojekte für Schule, Kita und Familie. Viele kleine, größere und vor allem schöne, lustige Dinge, wie wir erfahren können. Die Erwachsenen lernen dabei mindestens so viel wie ihre Kleinen. Am Schluß einige Anhänge und Tabellen. Eine sehr ausführliche Liste aller in der Stadt von den beiden gefundenen bzw. festgestellten Wildbienenarten, viele Quellen und Literatur ohne Ende.
Fazit: Dies Buch ist geschrieben worden von Menschen mit einer großen Liebe zur Natur. Noch wichtiger aber ist es geschrieben von Menschen, die Ahnung von dem haben, was sie schreiben. Kann man Bücher lieben? Dann ist das ein Kandidat! Kurzform: Daumen sehr, sehr hoch. Sie müssen kaufen…
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Reinhard Witt