Insektensterben in Mitteleuropa. Ursachen und Gegenmaßnahmen.

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Eine Rezension von Reinhard Witt:

Für Sensible empfehle ich während der Lektüre für den ersten Teil mindestens eine, besser zwei Flaschen Wein. Am besten von einem der Positivbeispiele in diesem Buch, etwa dem Oberen Mittelrheintal bei Lorch in Hessen. Ich möchte da mal ganz kurz den Namen Riesling einwerfen. Für Berufene. Artenschutz durch Weintrinken? Geht doch!

Wir können uns diese Welt nicht mehr schönreden, höchstens schöntrinken. Denn die Fakten sind erschütternd. Und davon bringt das Buch Insektensterben mehr als genug. Die zitierte Literatur macht am Ende 31 Seiten aus. Es ist der sicher umfassendste und beste Überblick zum Thema. Umwerfend. Man will das gar nicht wissen – und doch ist es gut, diese Grafiken, Tabellen, Zahlen und Kurven einmal in der Dichte und Konzentration zu sehen: Den andauernden Rückgang, nein den Absturz von Tieren, Pflanzen, von Lebensräumen, ja ganzen Landschaften. Von Leben insgesamt. Aus und vorbei!

Alle Treiber des Insektensterbens werden der Reihe nach abgehandelt: Landnutzungswandel, Klimawandel, die Überdüngung und der Einfluss von neuen Pflanzen und Tieren. Ihre Auswirkungen sieht man anhand vieler Daten und Arten, wobei die Grafiken stets sehr verständlich sind. Man braucht kein Biologiestudium, um dem Experten- und Autorenteam folgen zu können.

Aus und vorbei? Vielleicht auch nicht. Denn nach den Todes- und Roten Listen kommen die Gegenmaßnahmen, das, was wir tun können. Es geht um die Grundlagen und Voraussetzungen für einen wirksamen Insektenschutz, dann darum, was man in Agrarlandschaften tun kam, was der Wald braucht und schließlich im Siedlungsraum möglich und sinnvoll ist. Wirklich überwältigend, wieviel wir hierüber bereits wissen! Die vielen Fallbeispiele des Buches nehmen uns mit in bereits erprobte, von den Autoren für gut befundene Lösungen. Es wäre also durchaus möglich, dem Insektensterben Wirksames entgegenzusetzen. Damit der Leser das Buch vor lauter guten Beispielen nicht ermüdet wieder zuschlägt, kommt am Ende der Fahrplan zum Insektenschutz. Da wären die Sofortmaßnahmen mit Bewusstseinsbildung, No-Regret-Lösungen, Priorisierung auf bestimmte Arten/Themen sowie die nötigen Gelder. Zu den mittelfristigen Maßnahmen gehört laut den Wissenschaftlern weitere Forschung und die tiefere Datenanalyse. Langfristig ginge es um nachhaltige Finanzierung und öffentlich-private Maßnahmen zum Schutz und Wiederherstellung.

Das Buch wird immer besser, je länger man darin liest. Oder liegt das am Riesling? Diese Maßnahmen sollten einmal von all jenen geschäftsmachenden Akteuren und Aktionisten durch- und wiedergekäut werden, die sich angeblich dem Insektenschutz verschrieben haben, deren Pseudomaßnahmen das Artensterben allerdings noch verschärfen. Das Modewort „insektenfreundliche Pflanzen“ nur als Beispiel. Das Buch zeigt, wie es wirklich jeder besser machen kann. Als Einzelner, als Kommune, als Behörde, als Gartenbauverein, als Naturschutzorganisation.

So, alles wurde gesagt, jetzt müssen wir es nur noch tun. Dazu gehört, dass wir alle es wollen. Möglich wäre n(d)och sehr viel, … glaube ich, … zum Beispiel das mit dem Insektenschutz im Rheinbau… oder wo…? Ich glaube, … habe den Überblick über die Vielzahl der Handlungsmöglichkeiten verloren. Die Flasche Wein für den ersten Teil des Buches war doch kein guter Rat.

Vielleicht sollten wir den Riesling aufheben (durchaus lagerfähig), bis wir die Hälfte der vorgeschlagenen Dinge umgesetzt haben? Oder dauert mir das zu lange? Und was ist, wenn alle nur wieder schön daherreden und keiner genug macht? Also besser doch gleich und am besten selber trinken? Ich weiß einfach nicht mehr weiter, also höre ich auf.

Dr. Reinhard Witt

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