­Naturkleingarten: Tiere-Pflanzen-Paare

Beitrag von Tina van Wesel

Wer möchte nicht einen Schwalbenschwanz oder ein Taubenschwänzchen in seinem Garten begrüßen? Aber wie kann ich sie in meinen Garten locken? Einfach nur bunt reicht dann nicht. Es müssen die richtigen oder besser gesagt: die passenden Pflanzen sein.

Um Nektar zu bekommen, fliegen Schmetterlinge unterschiedlichste Pflanzen an. Aber für die Eiablage brauchen sie ganz bestimmte Pflanzen, sogenannte Raupenfutterpflanzen, denn ihre Nachkommen sind oft spezialisiert. Ohne diese Raupenfutterpflanzen gibt es keinen Schmetterlingsnachwuchs. Zum größten Teil sind dies heimische Pflanzen. In den Hunderttausenden von Jahren haben sich Pflanzen und Tiere aneinander angepasst und sind voneinander abhängig (Stichwort: Koevolution). Meine ganz persönlichen Top-10-Tiere-Pflanzen-Paare, die ich in meinem Garten beobachten konnte, möchte ich hier vorstellen.

Um also den Schwalbenschwanz in unsere Gärten zu holen, sollten wir die Wilde Möhre (Daucus carota) pflanzen. Sie gehört zu den Doldenblütengewächsen, das heißt, sie bildet große Blütenteller. Inmitten dieser cremefarbenen Teller gibt es eine dunkelbraune Einzelblüte, die vorgibt ein Insekt zu sein, um weitere Insekten anzulocken. Nach dem Motto: Hier ist schon jemand, hier muss es also gut sein (analog zum Restaurant). Die Wilde Möhre ist aber nicht nur beim Schwalbenschwanz beliebt, sondern auch bei Schwebfliegen, Wildbienen und Weichkäfern. Die vertrockneten Samenstände sollten im Winter stehenbleiben, da sie gerne von Vögeln zur Ernte der Samen besucht werden. Aus der wilden Möhre wurde unsere Gartenmöhre gezüchtet. Der Schwalbenschwanz legt seine Eier auch an Fenchel und Dill, ebenso Doldenblütler.

Möchte man dagegen das Taubenschwänzchen anlocken, sollte man das Wiesen-Labkraut (Galium album) anpflanzen. Waldmeister und Kletten-Labkraut werden ebenso genutzt, weil sie zur gleichen Gattung gehören. Aber wer will sich schon freiwillig Kletten-Labkraut in den Garten holen? Das Wiesen-Labkraut bildet weiße, fein duftende Blütenwolken. Wenn es sich zu wohl fühlt, kann es sich manchmal arg ausbreiten. Bei mir ist es in den Rasen gewandert: Ich mähe einfach rundherum und lasse eine Insel stehen.

Eine schöne farbliche Kombi bildet das Wiesen-Labkraut mit der Pfirsichblättrigen Glockenblume (Campanula persicifolia). Glockenblumen sind besonders bei Männchen von Wildbienen, wie den Glockenblumen-Sägehornbienen oder Glockenblumen-Scherenbienen, als Übernachtungslocation beliebt. Hier kann man sie gut beobachten.  

Um eine weitere interessante Wildbiene in den Garten zu bekommen, setzt man die Gewöhnliche Betonie, auch Heil-Ziest genannt (Betonica officinalis), denn dann kann man die Garten-Wollbiene beobachten. Die Männchen verteidigen ihre Reviere gegen andere (Wild-)Bienen, indem sie sie attackieren. Durch ihre schwarz-gelben Streifen sehen sie sogar etwas gefährlich aus. Dabei können uns Wildbienen kaum was anhaben: Unsere Haut ist viel zu dick für ihre Stacheln, sie kämen nicht durch. Der Heil-Ziest ist ein wahrer Insektenmagnet: Er wird umlagert von Schmetterlingen, wie Zitronenfalter und Weißling sowie weiteren Wildbienen.

Eine Pflanze, die ebenso stark frequentiert wird, ist der Flachblatt-Mannstreu (Eryngium planum), auch Edeldistel genannt. Auf seinen hübschen blauen Blüten konnte ich vor allem unterschiedliche Wespenarten ausmachen. Die sind ja alle völlig harmlos, nur die Deutsche und die Gemeine Wespe können „gemein“ werden. Aber bei so einem großen Nahrungsangebot sind wir für sie völlig uninteressant. Schnecken finden den Mannstreu übrigens überhaupt nicht schmackhaft.

Die Wilde Karde (Dipsacus fullonum), die wie der Mannstreu keine Distel aber genauso stachelig ist, hat enge und relativ lange Kronröhren mit viel Nektar. Um an diesen Nektar zu kommen, brauchen Insekten lange Saugrüssel, somit sind am häufigsten Hummeln (die „pummeligen“ Wildbienen) und Schmetterlinge vor Ort. Bekannt ist die Wilde Karte durch ihre Fruchtstände, die in Trockensträußen zu finden sind. Aber es sollten noch welche über Winter stehen bleiben: Die hübschen und quirligen Stieglitze ernten gerne die Samen darin.

Eine ähnlich imposante Erscheinung wie die fast 2 Meter hohe Karde ist die Großblütige Königskerze (Verbascum densifolium), die aber nicht pieksig ist. Der Name ist Programm: Herrschaftlich überragt sie andere Beetpflanzen. Die hier anzutreffenden Raupe, der Königskerzen-Mönch, ist von der Königskerze weitestgehend abhängig, wie ihr Name es schon andeutet. Ihre bunte Zeichnung soll wohl Fraßfeinde abschrecken.

In direkter Nachbarschaft macht sich der Gewöhnliche Natternkopf (Echium vulgare) gut. Die nach ihm benannte Natternkopf-Mauerbiene ist hier zu beobachten. Aber auch viele Hummeln und Schmetterlinge, besonders Bläulinge. Das Besondere an seinen Blüten: Erst sind sie rosafarben und später ändern sie ihre Farbe ins Blau. Damit zeigt die Pflanze den Insekten, dass nicht mehr viel Nektar vorhanden ist.

Die gleiche Farbtechnik nutzt auch das Gefleckte Lungenkraut (Pulmonaria officinalis). Das Lungenkraut ist ein wichtiger Frühblüher. An diesem Bodendecker kann man Frühlings-Pelzbienen und besonders die Wollschweber beobachten.

Zu guter Letzt möchte ich noch eine weitere wichtige Raupenfutterpflanze für den Hauhechel-Bläuling vorstellen: der Gewöhnliche Hornklee (Lotus corniculatus). Der goldgelbe Schmetterlingsblütler ist darüber hinaus noch eine tolle Bienenweide und wird von Schnecken gemieden. Ja, es gibt sie noch, die schneckenresistenten Pflanzen.

All diese heimische Pflanzen sind Futterpflanzen für unsere Insekten, die Abhängigkeit erkennt man oftmals am Namen des Insekts. Wichtig ist es, die trockenen Stängel über Winter stehen zu lassen, damit auch die Puppen der Schmetterlinge eine Chance haben zu überleben. Setzen wir also eine heimische Pflanze, dann locken wir mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das passende Tier zu uns in den Garten. Im Naturgartenwesen sprechen wir dabei gerne von „Tieren pflanzen“. Und? Auf den Geschmack gekommen? Welche Tiere möchtet ihr nun pflanzen?

Neugierig? Führungen, Pflanzenliste, Gartenpläne und Kontakt gibt es unter tinasnaturkleingarten@web.de

(aus: Der Grüne Bote. Mit freundlicher Genehmigung des Stadtverbandes Essen der Kleingärtnervereine e.V.)

Literaturtipps
Tiere pflanzen, Ulrike Aufderheide

Fachmagazin Natur & Garten, Tiere pflanzen I + II

Fachmagazin Natur & Garten, Schmetterlinge & Co. – Die Vielfalt der Insekten

Fachmagazin Natur & Garten, Wildbienen, Wespen & Hornissen