Warum einheimische Pflanzen?

Rückgang der Artenvielfalt

Unsere tierische und pflanzliche Lebensvielfalt schwindet zusehends. Insbesondere Wiesen, Weiden und Felder haben in den letzten 70 Jahren drastische Einbußen hinnehmen müssen.
Monokulturen prägen das Bild. Wenige Nutzpflanzenarten dominieren. Die ursprüngliche Tier- und Pflanzenwelt wurde auf spärliche Randbereiche zurückgedrängt. Viele Arten sind verschwunden.

Ein Stück weit dieser Verarmung entgegenzutreten, das steckt hinter der Naturgartenidee.
So soll das fliegende, krabbelnde und kriechende Völkchen, so gut es geht, eingeladen werden, indem ein geeignetes Buffet und ein strukturreicher Lebensraum bereitgestellt werden.

Feld mit Seltenheitswert

Wildpflanzen und Tiere: eine angepasste Lebensgemeinschaft

Die Basis der Lebensvielfalt sind einheimische Wildpflanzen. Seit Tausenden von Jahren haben sie sich den klimatischen Bedingungen und unterschiedlichen Bodenverhältnissen angepasst. Mit ihnen haben sich spezifische tierische Lebensgemeinschaften gebildet, deren Mitglieder eng aufeinander oder auf ganz spezielle Pflanzenarten angewiesen sind. Fällt eine Art aus, hat das für die anderen oft gravierende Folgen.
Seitdem die steinzeitlichen Bauern begonnen hatten, dem damals vorherrschenden Urwald Land abzuringen, wurde in der Folgezeit immer mehr Platz für bäuerliche Landwirtschaft geschaffen. Ungewollt wurden damit auch die Freiräume für Pflanzen erweitert, die besonders lichthungrig waren. Zuvor sorgten allein große Weidetiere (Auerochse, Elch, Wisent, Rothirsch) für offene Bereiche. Es entstanden jene bunten Wiesen und Hecken mit ihrer fantastischen Artenfülle. Heute ist es die Landwirtschaft – in ihrer industriellen Ausprägung -, die diesen Pflanzen den existentiell notwendigen Raum wieder nimmt.

Kleiner Perlmussfalter auf Acker-Kratzdistel
Altes Kulturland: Die Waldweide
Wiese mit Glockenblumen, Karthäusernelken

Pflanzen in heutigen Gärten

Die meisten Pflanzen und Sträucher in unseren Gärten sind erst in den letzten Jahrzehnten bis Jahrhunderten eingebürgert worden. Sie kamen überwiegend aus anderen Klimazonen oder Ländern. Die einheimische Tierwelt konnte sich in dieser kurzen Zeit nicht anpassen. Hinzu kam, dass Züchter bestimmte Vorlieben bedienten. Große prächtige oder gefüllte Blüten entstanden. Folge: Durch den veränderten Blütenbau werden die Pflanzen nicht mehr als Nahrungsquelle erkannt oder sie spenden weder Pollen noch Nektar. Bestäubende Insekten gehen da leer aus. Haben Gartenpflanzen noch etwas zu bieten, wie Pollen oder Nektar, werden sie von Arten wie der Honigbiene oder manchen Hummeln angeflogen, die wenig spezifisch in ihren Nahrungsansprüchen sind. Solche Insektenarten sind daher noch relativ häufig und täuschen bei flüchtigem Blick eine heile Insektenwelt vor. Dieser Eindruck entsteht auch durch manche Gartenpflanzen, die eine große Anziehung auf Insekten ausüben können – z.B. der Schmetterlingsflieder. Er ist aber für die Entwicklung z.B. von Faltern völlig ungeeignet. Die Raupen benötigen als Futter einheimische Pflanzen.
Von den üblichen Gartenpflanzen profitiert also nur eine kleine Insektengruppe.

Vielfältige Beziehungen zwischen Pflanzen und Tieren

Es erstaunt immer wieder, welch große Vielfalt an Beziehungen zwischen Pflanzen und Tieren bestehen. Regelmäßig werden neue entdeckt. So gibt es eine ganze Anzahl von Insekten, die hochspezialisiert auf wenige Pflanzenarten sind. Ein Beispiel ist die Natternkopf-Mauerbiene. Fehlt die Natternkopfpflanze, kann diese Biene nicht existieren. Umgekehrt kann eine einzige Wildpflanzenart durchaus bis zu 150 verschiedene Tierarten direkt oder indirekt ernähren. Der Wiesen-Löwenzahn versorgt allein über 70 Wildbienenarten mit Pollen und Nektar.
Für solche Erkenntnisse sind oft aufwendige und langwierige Forschungen erforderlich. Daher sind die Beziehungen zwischen Pflanze und Tier noch längst nicht alle bekannt. Aber man weiß: Ohne heimische Pflanzen könnten alle ansässigen Lebensgemeinschaften nicht bestehen.

Natternkopf

Heimische Pflanzen im Garten

Aurora-Falter auf großer Sternmiere

Siedelt man zumindest in kleinen Bereichen eines Gartens einheimische Pflanzen an, wird ein breites Spektrum an Tieren, vom Aurora-Falter bis zum Stieglitz, angesprochen, und man hilft, solche vielfältigen Lebensgemeinschaften zu erhalten. Es ist aktiver Naturschutz. Außerdem holt man sich den Zauber jener ursprünglichen Pflanzen in den Garten und wird mit zahlreichen, eindrucksvollen Beobachtungen belohnt.

Informationen für Einsteiger:
Damit Wildpflanzen ihr Potenzial entfalten können, benötigen sie eine geeignete Umgebung.
Gehen Sie auf Entdeckungsreise durch die verschiedenen Lebensräume eines Naturgartens. Für jeden Lebensraum finden Sie Erläuterungen, praktische Anleitung zu Umsetzung und Pflege, sowie
Hinweise zu typischen Tieren und Pflanzen vgl. www.naturgarten.org/wissen/fuer-einsteiger/
Jeder Quadratmeter zählt -auch ein Balkon!

Alle Fotos: H. Feilzer