Ein Projekt des BUND Niedersachsen in Zusammenarbeit mit dem NaturGarten e.V.

Hintergrund:

Der Rückgang der Arten- und besonders der Insektenvielfalt ist vielfach belegt. Nach dem Aktionsprogramm Insektenvielfalt Niedersachsen soll in mehreren Handlungsfeldern dem Rückgang der Insekten mit Maßnahmen begegnet werden. Ein Handlungsfeld ist die Artenvielfalt in der Stadt, besonders in Gärten und Parkanlagen aber auch im weiteren städtischen Grün zu erhöhen. Versiegelung und Wertverlust durch pflegeintensive aber monotone Gartenformen wie „Schottergärten“ und Zierrasen sowie Verwendung nichtheimischer Arten und Sorten als Stauden oder Hecken mindern die Potentiale dieser urbanen Lebensräume. Trotz vieler, rein funktional und nicht ökologisch ausgerichteten Gartengestaltungen gibt es ein großes Interesse in der Bevölkerung im eigenen Garten aktiv für mehr Artenvielfalt zu gestalten. Pflanzen und Samentütchen in Garten-Centern, Einkaufsläden und Baumärkten werden häufig als „wildbienenfreundlich“, oder allgemein „insektenfreundlich“ ausgewiesen und beworben. Oftmals handelt es sich um wenig wertvolle, nicht heimische Arten oder um Sorten mit geringen oder ungewissen Nutzen für die Artenvielfalt. Darüber hinaus werden diese Pflanzen im Anbau in torfhaltigen Substraten gezogen und mit Pflanzenschutzmitteln behandelt und diese über große Distanzen transportiert, sodass die negativen Einflüsse des guten Willens Bienen im eigenen Garten zu fördern zu zusätzlichen Naturbelastungen führen und bestenfalls wenige anspruchslose, häufige Arten durch die Pflanzenauswahl gefördert werden.


Problematik:

Die aufgrund kleinräumige Vernetzung unterschiedlicher Lebensräume hohe Biodiversität der Städte und Dörfer ist durch den stetigen Nutzungswandel und steigenden Nutzungsdruck gefährdet. Kommunen und Gartenbesitzerinnen fehlt es oft an Fachinformationen zur Bewertung des Pflanzenangebotes nach Eignung für Artengruppen heimischer Insekten und das marktübliche Angebot entspricht nicht den beworbenen Erwartungen. Privatpersonen orientieren sich ebenfalls an Etiketten in der Absicht entsprechend Gutes für den Artenschutz zu tun.

Lösung:

Mit dem Projekt soll thematisiert werden, welche Pflanzen „wildbienenfreundlich“ sind und wie das urbane Grün – sowohl innerstädtisch als auch in ländlichen Kommunen – insektenfreundlich umgestaltet werden kann. Im Fokus stehen landesweit Interessierte, die gewonnen und aufgeklärt werden, um heimische Wildstauden torf- und pestizidfrei aus gebietseigenen Saatgut zu ziehen, mit einander zu tauschen und so Garten insektenfreundlicher zu gestalten. Gemeinden sollen nicht nur bei der Umgestaltung eigener Flächen unterstützt werden, sondern direkt so fortgebildet werden, dass eine eigenständige Fortführung nach Kriterien für insektenfreundliche Gestaltungen zukünftig unabhängig von der befristeten Projektbegleitung möglich sein soll. Durch das Projekt soll ein breites Angebot aus heimischen Wildpflanzen aus torf- und pestizidfreien Anbau gefördert werden. Ziel des Modell-Projekts ist es, ein Umdenken anzustoßen, die Öffentlichkeit medienwirksam über die Problematik zu informieren und Alternativen aufzuzeigen.

Maßnahmen:

Das Projekt soll in ausgewählte Regionen in Niedersachsen stattfinden. In den Regionen sollen Gemeinden gefunden werden, die im gemeinsamen Verbund an einem „Bauhoftraining“ teilnehmen. Es handelt sich um eine Fortbildung, die in der Naturgartenpraxis entwickelt wurde und Mitarbeiterinnen kommunaler Bau- und Betriebshöfe oftmals fehlendes Wissen über heimische Pflanzenarten und ökologischer Prozesse vermittelt. An mehreren Schulungstagen verteilt über den Zeitraum von 1-1,5 Jahren erlangen die Teilnehmer*innen Kenntnisse in der Verwendung heimischer Pflanzen (Blumenzwiebeln, Stauden und Gehölze) und naturnaher Vegetationstechniken (z. B. Anlage & Pflege artenreicher Wildblumenwiesen) sowie zur nachfolgenden Entwicklung und Pflege. Die Gemeinden werden hierdurch befähigt, eigenständig die eigenen Grünanlagen zu insektenfreundlichen Oasen umzugestalten.

In den Regionen sollen Ehrenamtliche gewonnen werden, die ein Netzwerk zur Vermehrung von heimischen Wildstauden bilden. Die Teilnehmerinnen erhalten Saatgut, das sie in Pflanzschalen Zuhause anziehen. Die vorgezogenen Pflanzen werden untereinander getauscht und an weitere Interessierte weitergegeben. Bei der Auswahl der Stauden stehen Stauden für spezialisierte Wildbienenarten im Vordergrund. Mit den vorgezogenen und getauschten Stauden erhalten Teilnehmerinnen Pflanzvorschläge mit Übersichten, welche Arten hierdurch gefördert werden können. Zudem werden Beobachtungsbögen erstellt, mit denen die Nutzung der Stauden dokumentiert werden können.

Die Teilnehmerinnen sollen durch Video-Tutorials ein auch für die breite Öffentlichkeit nutzbares Schulungsmaterial erhalten und bei Fragen begleitet werden. Durch die allgemein verfügbaren Tutorials soll die Vermehrungsidee heimischer Stauden landesweit verbreitet und durch das Projekt initiiert werden. Die Umstellung auf torffreie und pestizidfreie Stauden sowie Staudenanzucht aus autochthonen Saatgut stellt für Gärtnereien eine große Herausforderung dar. Mit dem Projekt sollen Informationsveranstaltungen stattfinden, um diese Akteure langfristig für eine Umstellung zu gewinnen, Erfahrungen auszutauschen und negative ökologische Folgen der konventionellen Staudenproduktion aufzuzeigen. Um die negativen Folgen sichtbar zu machen, sollen im Projekt Testreihen zur chemischen Belastung von insektenfreundlich etikettierten Stauden aus dem Handel und Vergleich der Substrate durchgeführt werden. Im Projekt sollen Aktionen zur Förderung weiterer typischer Gartenbewohner durchgeführt werden (Igel, Singvögel, Schmetterlinge). Der Ansatz artspezifische Maßnahmen durchzuführen soll hierauf übertragen werden, im Mittelpunkt steht der Wildbienenschutz.

Zielgruppen:

Vorrangig werden Kommunen über die Bau- und Betriebshöfe angesprochen und ein breites Netzwerk Gartenbesitzerinnen erreicht, die durch niedrigschwellige ehrenamtliche Einbindung Artenvielfalt im Garten erleben. Weitere Interessensgruppen, die für das Projekt begeistert werden sollen sind Wohnbaugesellschaften, Architektinnen und Gala-Bau-Firmen. Mit dem zusätzlichen Informationsangeboten sollen Gärtnereien angesprochen werden.

Laufzeit: 10.2024 – 09.2027 Ansprechpartnerin: Jakob Grabow-Klucken: 0511/9656912 jakob.klucken@nds.bund.net