Ernst Kulpe – ein Pionier der Naturgartenbewegung in der DDR
„Jeden Monat betrüge ich meine Frau und kaufe aus der Haushaltskasse einen Wildstrauch. Später, wenn er denn blüht, gestehe ich ihr alles.“ Ernst Kulpe war im Grunde seines Herzens ein Witzbold. Das Leben war viel zu schwer, als das man es ernst nehmen könnte. Was haben wir gelacht. Immer, wenn wir uns gesehen haben. Das war vier Mal. Und jetzt. Jetzt muss ich weinen. Ernst Kulpe hatte so einen Witz. Wenn er mich manchmal abends anrief, bog sich die Telefonschnur und wir lachten uns schief und krumm. Nur das als Beispiel: Er erfand ein Optimismus-Elixir. War so ein Kräuterschnaps, gar nicht übel. Das brauchte er, wenn man Naturgärtner im Osten sein wollte.
Aber von Anfang an. Ranis in Thüringen, da lebte er. Während seiner Berufszeit war er Schulgartenlehrer für die nahegelegene Polytechnische Oberschule. Immer kamen die Schüler zu ihm, um Gemüse und Salat anzubauen und zu ernten. Jede Klasse hatte ein Beet. So etwas fehlt heute überall. 1985 ging es los mit seinem Naturgarten. Fünf Jahre vor der Wende. Er gestaltete seinen 1900 m2 großen Schulgarten um, Stück für Stück auf naturnah. War schwierig. „Der Aufbruch ist schwer im Osten“, gestand er. Aus drei Gründen: Kaum ideelle Unterstützung, kein Geld und keine heimischen Pflanzen zu kriegen in den Ostländern. Oder nur falsche. Mühsame Pionierarbeit. Kurz nach der Wende hatte er den Naturgarten e.V. entdeckt und viele Pflanzen- und Samenproduzenten spendeten ihm. Strickler war dabei, Ahornblatt-Gehölze standen in seinem Garten. Syringa-Blumenwiesen blühten.1999 besuchte ich ihn das erste Mal, war echt begeistert von seinem Naturgarten. Und seinem Herz für Kinder. Die liebte er. Und sie ihn. Der Garten war ein Paradies. Alles da, man sah ja nicht, mit welcher Mühe es entstanden war. Sammler Kulpe verwies auf über 100 Gehölzarten im Garten. Auf seinen Regensburger Geißklee war er ganz stolz. Im Jahr 2000 war er sogar Außenstelle der Landesgartenschau im benachbarten Pößneck. Seine Frau Gudrun unterstützte ihn nach Kräften. Brote schmieren für Besucher, Tage der offenen Türe durchhalten. Die Stadt half auch ab und zu, der BUND war sein Partner, aber die meiste Arbeit und Kosten bleiben auf ihm und seiner Frau hängen. Die Rente war klein.
Im Jahr 2000, da war er schon 72, suchte er einen Nachfolger. Aber es fand sich keiner, der genug Power und Herzblut hatte, um sein Lebenswerk fortzusetzen. Also machte er weiter, irgendwie. Anfang der 2000er war er das erste Mal als Referent bei den Naturgartentagen in der Bildungsstätte Gartenbau in Grünberg. Das war ein Fest für ihn, für einen einsamen Rufer in der Wüste ziemlich viele Naturgärtner zu treffen. Im Osten hatte er und seine Idee immer zu kämpfen. 2010 war sein letztes Grünberg. Dazu wurde er schon hin- und zurückgefahren. Alleine ging es nicht mehr. Er brachte gleich viele Fläschchen Optimismus-Elixir mit. Für uns Westler, wir brauchen das ja alle. Sein Vortrag zeigte noch einmal seine ganze Lebensgeschichte mit seinem Ergebnis: den ersten Naturgarten der DDR. Überwältigend, beschämend für uns verwöhnte Westler, gleichzeitig so lustig erzählt, zum Totlachen. Er bekam standing ovations. Das hatte er verdient.
Nun ist er seinen Weg gegangen. Raus aus seinen wilden Blumen und wilden Hecken. Es ist gut so. Es war gut so. Er war gut so. Ein feiner Mensch. Ein Naturgärtner der ersten Stunde. Einer, der nie aufgab. Wir denken an ihn. Sind traurig. Und lachen trotzdem ein bisschen. Er würde es mit uns tun. Der Mann mit dem Optimismus-Elixir war eigentlich nicht totzukriegen. Jetzt doch. Machs gut, Ernst. Danke für alles. Ernst Kulpe ist 93 Jahre alt geworden.
„Jeden Monat betrüge ich meine Frau und kaufe aus der Haushaltskasse einen Wildstrauch. Später, wenn er denn blüht, gestehe ich ihr alles.“ Ernst Kulpe war im Grunde seines Herzens ein Witzbold. Das Leben war viel zu schwer, als das man es ernst nehmen könnte. Was haben wir gelacht. Immer, wenn wir uns gesehen haben. Das war vier Mal. Und jetzt. Jetzt muss ich weinen. Ernst Kulpe hatte so einen Witz. Wenn er mich manchmal abends anrief, bog sich die Telefonschnur und wir lachten uns schief und krumm. Nur das als Beispiel: Er erfand ein Optimismus-Elixir. War so ein Kräuterschnaps, gar nicht übel. Das brauchte er, wenn man Naturgärtner im Osten sein wollte.
Aber von Anfang an. Ranis in Thüringen, da lebte er. Während seiner Berufszeit war er Schulgartenlehrer für die nahegelegene Polytechnische Oberschule. Immer kamen die Schüler zu ihm, um Gemüse und Salat anzubauen und zu ernten. Jede Klasse hatte ein Beet. So etwas fehlt heute überall. 1985 ging es los mit seinem Naturgarten. Fünf Jahre vor der Wende. Er gestaltete seinen 1900 m2 großen Schulgarten um, Stück für Stück auf naturnah. War schwierig. „Der Aufbruch ist schwer im Osten“, gestand er. Aus drei Gründen: Kaum ideelle Unterstützung, kein Geld und keine heimischen Pflanzen zu kriegen in den Ostländern. Oder nur falsche. Mühsame Pionierarbeit. Kurz nach der Wende hatte er den Naturgarten e.V. entdeckt und viele Pflanzen- und Samenproduzenten spendeten ihm. Strickler war dabei, Ahornblatt-Gehölze standen in seinem Garten. Syringa-Blumenwiesen blühten.1999 besuchte ich ihn das erste Mal, war echt begeistert von seinem Naturgarten. Und seinem Herz für Kinder. Die liebte er. Und sie ihn. Der Garten war ein Paradies. Alles da, man sah ja nicht, mit welcher Mühe es entstanden war. Sammler Kulpe verwies auf über 100 Gehölzarten im Garten. Auf seinen Regensburger Geißklee war er ganz stolz. Im Jahr 2000 war er sogar Außenstelle der Landesgartenschau im benachbarten Pößneck. Seine Frau Gudrun unterstützte ihn nach Kräften. Brote schmieren für Besucher, Tage der offenen Türe durchhalten. Die Stadt half auch ab und zu, der BUND war sein Partner, aber die meiste Arbeit und Kosten bleiben auf ihm und seiner Frau hängen. Die Rente war klein.
Im Jahr 2000, da war er schon 72, suchte er einen Nachfolger. Aber es fand sich keiner, der genug Power und Herzblut hatte, um sein Lebenswerk fortzusetzen. Also machte er weiter, irgendwie. Anfang der 2000er war er das erste Mal als Referent bei den Naturgartentagen in der Bildungsstätte Gartenbau in Grünberg. Das war ein Fest für ihn, für einen einsamen Rufer in der Wüste ziemlich viele Naturgärtner zu treffen. Im Osten hatte er und seine Idee immer zu kämpfen. 2010 war sein letztes Grünberg. Dazu wurde er schon hin- und zurückgefahren. Alleine ging es nicht mehr. Er brachte gleich viele Fläschchen Optimismus-Elixir mit. Für uns Westler, wir brauchen das ja alle. Sein Vortrag zeigte noch einmal seine ganze Lebensgeschichte mit seinem Ergebnis: den ersten Naturgarten der DDR. Überwältigend, beschämend für uns verwöhnte Westler, gleichzeitig so lustig erzählt, zum Totlachen. Er bekam standing ovations. Das hatte er verdient.
Nun ist er seinen Weg gegangen. Raus aus seinen wilden Blumen und wilden Hecken. Es ist gut so. Es war gut so. Er war gut so. Ein feiner Mensch. Ein Naturgärtner der ersten Stunde. Einer, der nie aufgab. Wir denken an ihn. Sind traurig. Und lachen trotzdem ein bisschen. Er würde es mit uns tun. Der Mann mit dem Optimismus-Elixir war eigentlich nicht totzukriegen. Jetzt doch. Machs gut, Ernst. Danke für alles. Ernst Kulpe ist 93 Jahre alt geworden.
Reinhard Witt