Apfelhüter- Hausbaum

„Wo sieht man heutzutage noch Bauernhöfe, die langen roten Ziegeldächer eingegrünt, in hohe Laubkronen geborgen oder in die Pracht blühender Apfelbäume eingehüllt. Dächer unter hohen Bäumen: Sinnbild von Schutz und Wärme. Vom Dorf bis zum Gehäuse einer alten Stadt: behagliche Gemeinsamkeit, gebaute und gepflanzte Nachbarschaft. 

Apfelbäume alter Sorten passen in jede Landschaft, zu jedem Haus. Ihr Obst ist vielleicht kleiner, weil unser Klima eben anders ist. Aber sie haben viel zu bieten. 

Hausbäume sind Laubbäume, denn Nadelbäume werfen auch um Winter Schatten, wenn man sich nach der Sonne sehnt. Nadelbäume sind keine gute Gesellschaft. Die Kinder können nicht darin klettern. Man kann sich nicht an ihren Stamm lehnen, um ein Buch zu lesen.“

Dieter Wieland in Grün kaputt. Landschaft und Gärten der Deutschen. Begleitbuch zur gleichnamigen Fotoausstellung. Raben Verlag München 1983

Ein mitreißendes Plädoyer für einen Apfelbaum als Hausbaum von Dieter Wieland, einem der wichtigsten Warner in der Geschichte des Umweltschutzes, der die Chancen naturnaher Gestaltungen immer wieder betonte. Der Apfelbaum soll hier an dieser Stelle für den Bereich des Gartens stehen, der einen Naturgarten in bester Weise ergänzt: Der Nutzgarten, der nachhaltig geplant und gepflegt nicht nur auf äußerst sinnvolle Weise unserer Ernährung dienen, sondern auch eine Bereicherung für die Tierwelt in unseren Gärten sein kann. Ausführlich beschrieben wird dieser Aspekt in der Natur & Garten „Naturnahe Kleingärten“, die ein langes Hauptkapitel diesem Nutzgartenbereich widmet. Zu Apfelbäumen schreibt der Autor Joschka Meyer:

Welcher Apfel soll es werden?

Hochgezüchtete Sorten brauchen oft optimale Bedingungen: beste Nährstoffversorgung, perfekte Wassermengen zur richtigen Tageszeit, die richtige Brise Wind mit der passenden Temperatur und Sonneneinstrahlung. Stimmt irgendwas davon mal nicht – und nie stimmt alles, denn wir sind im Garten und nicht im Labor, – muss gegengesteuert werden. Arbeiten wir mit Wildpflanzen oder mit alten und bewährten, weniger veränderten Sorten, sieht das schon anders aus. Im Nutzgarten zeigen uns Äpfel wohl am deutlichsten, was ich damit meine. Viele der bekannten Sorten aus dem Supermarkt, ob Gala, Elster oder Golden Delicious, sind nicht gut für uns geeignet. Sie benötigen einen hohen Pflegeaufwand und werden ohne Spritzungen nur wenige schöne Früchte hervorbringen. Halten Sie sich stattdessen an alte Sorten wie Jakob Fischer, Alkmene oder Prinz Albrecht von Preußen, haben Sie nicht nur eine Frucht, die Sie nicht kaufen können, Sie haben auch weniger für diese Ernte zu beachten. Sprechen Sie mit Fachleuten oder erfahrenen Gartennachbar*innen, denn es gibt für jeden Garten den richtigen Apfel, der mit dem Boden und dem typischen Wetter Ihrer Region wunderbar zurechtkommt. Eine Sorte, die nicht zu Ihrem Garten passt, kränkelt und bringt kaum Ertrag. Äpfel sind auch ein schönes Beispiel dafür, gleich beim Kauf den Befall bestimmter Krankheiten zu reduzieren. Denn hier gibt es Sorten wie die erwähnte Alkmene, bei denen Krankheiten wie Schorf und Mehltau kaum auftreten. Nicht nur bei Äpfeln gibt es diese Eigenschaften, auch bei vielen anderen Nutzpflanzen gibt es Züchtungen mit bestimmten Resistenzen.

aus: Joschka Meyer: Naturnahe Kleingärten. Natur & Garten 01/2023