Naturkleingarten: Lebensraum Trockenmauer

Ein Beitrag von Tina van Wesel

Manchmal hat man eine Stelle im Garten, die einen nahezu anfleht: „Ich bin so hässlich, ändere was!“ Bei mir war es ein höher gelegenes Beet an der Mauer zum noch höher gelegenen Nachbargarten. Hier wurde der Höhenunterschied mit riesigen Gehwegplatten, die senkrecht aufgestellt waren, abgefangen. Ein wirklich unschöner Anblick!

Um solche Höhenunterschiede zu überwinden, bieten sich Trockenmauern an. So eine Trockenmauer war mein erstes größeres Projekt: 2 Big-Packs mit 2,5 Tonnen Bruchsteinen in den unterschiedlichsten Größen und Formen: rund, eckig, dick, dünn … Mit diesen ungleichmäßigen Steinen ist es weitaus komplizierter, eine Trockenmauer zu bauen, als mit maschinengespaltenen Steinen mit geraden Kanten (die allerdings auch um einiges teurer sind). So oder so sollte man auf regionale Steine zurückgreifen, was in unserem Fall der Ruhrsandstein ist.

Zuerst habe ich die vorhandenen Gehwegplatten entfernt. Da sich die Erde in all den Jahren gut verfestigt hatte, brauchte ich während der Bauzeit nicht damit zu rechnen, dass der Hang abrutscht. Dann habe ich eine leicht zum Hang hin angeschrägte Erdkante geschaffen und den Boden etwas tiefer ausgehoben für die Drainageschicht, damit das Wasser besser abläuft. Diese Drainageschicht sollte etwas breiter als die spätere Trockenmauer und möglichst aus regionalem Rheinkies sein. Eine Alternative wäre Schotter. Als Abschluss dieser Schicht wird Sand verwendet.

Bevor man die Steine setzt, sollte man sie nach Größen sortieren. Das hilft ungemein beim Austüfteln der passenden Steine, wenn es an das Verlegen geht. Als Grundsteine sollten die schwersten und größten Steine verwendet werden. Sie bilden das Fundament und sollten auf keinen Fall wackeln. Wir haben es uns beim Bau der Trockenmauer zur Qualitätssicherung gemacht, dass wir über jede Reihe laufen können, ohne dass ein Stein kippelt. Grundsätzlich sollte die Trockenmauer mit einer leichten Neigung zum Hang hin gebaut werden, damit wirkt man dem Druck der dahinterliegenden Erde entgegen.

Reihe für Reihe wird nun gebaut, wobei hier die bruchrauen Steine trocken, also ohne Mörtel, verlegt werden. Immer wieder nutzt man längere Steine als Verbindung zum dahinterliegenden Erdreich. Den noch offenen Raum zwischen Mauer und Erdreich füllt man mit Kies oder Schotter. Kreuzfugen sollten gemieden werden, da sie die Mauer instabil machen. Kleine flache Steine können als Unterlegsteine das Kippeln verhindern und ein Gummihammer kann bei der Ausrichtung der Steine helfen. Man sollte übrigens nicht unterschätzen, dass ein Trockenmauerbau sehr kräftezehrend ist. Kaum ein Stein passt auf den anderen, hier ist viel Ausprobieren mit Drehen, Wenden und Austauschen angesagt. Manch ein Stein ist auch nur zu zweit zu bewegen. Aber je schwerer und größer die Steine, desto stabiler die Mauer. Kommt man zur letzten, abschließenden Reihe, hilft eine gespannte Schnur, damit man einen schönen geraden Abschluss hinbekommt.

Pflanzen sollte man schon während des Baus der Trockenmauer mit etwas Erde zwischen den Steinen und mit Anbindung zum dahinterliegenden Beet einsetzen. Zum Bepflanzen der Ritzen der Trockenmauer hatte ich Wald-Erdbeere (Fragaria vesca), Duft-Veilchen (Viola odorata) und Sumpf-Vergissmeinnicht (Myosotis palustris) gewählt, da meine Trockenmauer eher im Schatten liegt. Leider hat das nicht geklappt wie gewünscht, aber ich habe nicht aufgegeben und immer wieder Samen vom Mauer-Zimbelkraut (Cymbalaria muralis) in die Mauerspalten „geworfen“. Es dauerte etwas, aber mittlerweile hat es die Trockenmauer erobert und die Wald-Erdbeeren haben die Mauer von unten in Angriff genommen. Wiesen-Labkraut, Wiesen-Storchschnabel und Pfirsichblättrige-Glockenblume haben auf meiner Trockenmauer eine Heimat gefunden. Liegt die Trockenmauer eher vollsonnig, sind für die Ritzen Sedum- und Sempervivum-Arten, also Fetthennen, Mauerpfeffer und Hauswurze, geeignet.

Bleiben Steine über, kann man sie gut zu einer Steinpyramide türmen. Diese Steinpyramiden speichern die Wärme und besonders Libellen sowie Schmetterlinge werden häufig auf ihnen gesichtet. Innerhalb der Steinpyramide findet sich allerlei Getier, wie auch bei der Trockenmauer: Molche, Kröten, Spinnen, Käfer und weitere Insekten. Und natürlich, wie sollte es bei mir anders sein: eine Maus. Sollte euch bei den Bauarbeiten ein Tigerschnegel über den Weg laufen, so lasst ihn unbedingt am Leben. Er steht im Verdacht, die Gelege der Nacktschnecken zu verputzen. Auch wenn es Zweifel an dieser Geschichte gibt und eher der Wunsch Vater des Gedanken ist: Ich habe ihn noch nie an frischem Grün erwischt und hübsch gemustert ist er auch noch. (mvw)

Neugierig? Führungen, Pflanzenliste, Gartenpläne und Kontakt gibt es unter tinasnaturkleingarten@web.de

Weitere Informationen unter Wilde Gärten – Eine weitere NG-Netzwerk Website (naturgarten.org)

(aus: Der Grüne Bote. Mit freundlicher Genehmigung des Stadtverbandes Essen der Kleingärtnervereine e.V.)

Literaturtipp
Lebensraum Trockenmauer, Sofie Meys