Im Jahr 2009 nutzten wir die Gelegenheit, unser Grundstück durch Zukauf eines Nachbargrundstückes auf 800 qm zu erweitern. Unseren Garten hatten wir bisher konventionell betrieben – ein wenig nach dem Modell englischer Gärten mit Prachtstauden, Rasen und Beet-/Edelrosen.
Einige Artikel zur selben Zeit in Gartenzeitschriften ließen mich den Einstieg in das Thema Naturgarten finden, das mir vorher nicht geläufig war. Ich war sicher, dass diese Gartenform ideal zu unserer Natur- und Tierliebe passen würde. Ein lebendiger Garten für unsere einheimischen Pflanzen und unsere Tierwelt. Das klang unglaublich verlockend!

Der zugekaufte Grundstücksteil war nun die Chance, dieses Projekt anzugehen. Die Voraussetzungen waren gut. Das Grundstück war jahrelang nicht genutzt worden – es bestand überwiegend aus verwildertem Rasen, einigen Hemlocktannen und einer alten Hecke. Verschiedene Biotope sollten nun her, wie eine Wildstrauchhecke, eine Blumenwiese, Wildrosen, eine Trockenmauer und natürlich jede Menge heimische Pflanzen. Auf dem Papier ließ sich das alles gut planen, aber wie umsetzen?

In der Firma Biotop fand ich den idealen Partner, unseren Garten umzugestalten. Die Bücher von Reinhard Witt wurden meine Bibel und den Pflanzenkauf in der herkömmlichen Gärtnerei stellte ich komplett ein. Im ersten Schritt wurde auf dem neuen Grundstück die Wiese abgezogen, die Hecke gerodet und unser recht lehmiger Boden mit Sand aufgebessert. Da das neue Grundstück ein wenig tiefer liegt als das Grundstück um unser Haus, war das eine wunderbare Gelegenheit eine Trockenmauer zu bauen. Am Ende gab es eine Blumenwiese, einen Sitzplatz vor einer eigens dafür errichteten Ziegelmauer, Wildsträucher, verschiedene Wildrosen und Beete mit heimischen Pflanzen.

Die Pflanzen – ja, das war wirklich eine Herausforderung. Obwohl ich schon acht Jahre lang einen Garten hatte, musste ich feststellen, dass ich von heimischen Pflanzen nicht die leiseste Ahnung hatte. Weder von ihrer Vielfalt, noch von ihrem Wuchsverhalten, ihrer Vermehrungsfreudigkeit oder ihrer Konkurrenzstärke. So war es gut, dass Firma Biotop die Erstbepflanzung übernahm. Es war faszinierend wie schnell sich schon im ersten Jahr unglaubliches Leben in diesem Gartenteil entwickelte. Wir konnten Insekten und Singvögel beobachten, die wir vorher bei uns nie gesehen hatten, und lernten genau hinzuschauen und im Kleinen zu beobachten. Die Wiese war eine Pracht – im ersten Jahr ein Margeritenteppich – und die Sträucher und Rosen blühten um die Wette.

Begeistert von diesem Erfolg entschieden wir, auch den restlichen Garten Stück für Stück zum Naturgarten umzugestalten. Pflanzen, wie alte Rhododendren, Zypressen und Goldregen, mussten weichen und der bisher so sorgsam gepflegte englische Rasen wurde entsorgt. Den Boden haben wir an vielen Stellen bearbeitet und sowohl magere als auch nährstoffreiche Flächen hergestellt. Über mehrere Jahre hinweg entstanden Beete mit einheimischen Sträuchern und Pflanzen. Auch ein Beet mit Bauerngartenstauden mit einheimischen Wildpflanzen legten wir an.

Mittlerweile haben sich die Bauerngartenstauden wie Rittersporn, Sonnenhut und Phlox verabschiedet und wurden von uns durch Ziest, Lichtnelken, Färberkamille, Ochsenzunge und viele andere ersetzt. Die einheimischen Wilden sind einfach die bessere Wahl! Die Beete wachsen nun seit einigen Jahren ineinander und der Garten entfaltet eine unglaubliche Dynamik, die immer wieder spannend zu beobachten ist.

Heute finden sich in unserem Garten ein magerer, schattiger Standort hinter dem Haus, wo Teufelsabbiss, Knöterich, Waldwitwenblume, Schlüsselblumen und Anemonen wachsen, ein nährstoffreicher, halbschattiger Bereich mit Platterbsen, Baldrian, Unmengen von Glockenblumen, Waldmeister und Salomonsiegel. Außerdem magere sonnige Beete mit z.B. Wiesenflockenblume, Skabiosen, Taubenkropfleimkraut, Pechnelke, bis hin zu einem Kiesbeet mit Aufrechtem Ziest, Natternkopf und Küchenschellen. Sträucher und Bäume, wie Salweide, Kornelkirsche, Faulbaum, Holzapfel, Schneeball und andere sowie viele Rosen runden das Bild ab.

Es gibt in unserem Garten auch Pflanzen, die in unseren Breiten nicht heimisch sind, und sie ergänzen den Garten wunderbar. Gärten sind immer ein Kompromiss und so darf es auch bei uns eine gesunde Mischung sein.

Um den Insekten nicht nur Nahrungspflanzen, sondern auch Brutmöglichkeiten anzubieten, haben wir zwei große Insektennisthilfen gebaut. Nach den typischen Anfängerfehlern haben wir uns die Ratschläge von Werner David zu Herzen genommen, entsorgen nun nach und nach alle ‚falschen‘ Nisthilfen und füllen den Rahmen Stück für Stück neu. Der Erfolg gibt uns Recht, denn heute tummeln sich viele unterschiedliche Insekten vor den verschiedenen Nistangeboten. Und auch die Räuber und Schmarotzer sind zu beobachten. Aber auch hier gilt es, Geduld zu haben. Wir mussten feststellen, dass Insekten außerordentlich wählerisch sind und manchmal 100 Löcher ausprobiert werden bevor das 101. Loch den Ansprüchen genügt.

Viele Besucher bei der Aktion ‚Offener Garten‘, bei der ich immer wieder gerne Werbung für den Naturgarten mache, sind erstaunt zu hören, dass dieser Garten nur wenig Arbeit macht und wundern sich, auf welchen Untergründen Pflanzen wachsen und gedeihen. Manch älterer Besucher träumt von früheren Zeiten, wo wilde Wiesen und Blumenvielfalt am Wegesrand noch selbstverständlich waren.
Was man aber neben Erfahrung und theoretischen Kenntnissen vor allem braucht, um einen Naturgarten zu meistern, ist ein gutes Stück Gelassenheit und Vertrauen in die Natur. Auch mir ist es am Anfang schwer gefallen, die Natur machen zu lassen. Aber je mehr ich die Dynamik der Natur zulasse, desto schöner werden die Bilder, die sie im Garten entstehen lässt. Dann trete ich gerne einen Schritt zurück, bin Gast und Zuschauer in unserem Garten – und genieße einfach nur.

Danke Petra, für diesen Bericht, der Mut macht, auch einen Umbau zu wagen!